Zum heutigen Tag der Musik...

Auf Initiative des Deutschen Musikrates findet jährlich am 21. Juni der Tag der Musik statt. Er unterstreicht den unverzichtbaren Wert der Musik für unsere Gesellschaft. Unsere Musikpädagogin Marina Varouta sagt anlässlich dieses Tages: "Ich, als Musikpädagogin bei FortSchritt, finde kein treffenderes Beispiel, welches die Notwendigkeit der Musik für den Menschen beweist, als die Pädagogik des ungarischen Arztes Dr. András Pető, Gründer der Konduktiven Förderung. Deshalb möchte ich an dieser Stelle erklären, warum die Musik wesentliche Grundlage der Konduktiven Förderung ist.
Die Heilpädagoginnen und -pädagogen, die die Konduktive Förderung individuell abgestimmt an die Kinder weitergeben, heißen Konduktorinnen und Konduktoren. Dr. András Pető assoziierte mit dem Wort „Konduktor“ Musik und Orchester-Dirigieren (Tatlow 2013, S. 120). Im Englischen bedeutet „Conductor“ Dirigent. Tatsächlich ist das musikalische Element nicht nur einfach ein Teil des ganzheitlichen pädagogischen Angebotes, sondern ein grundlegendes Element der Konduktiven Förderung.
Das sogenannte "rhythmische Intendieren" der Konduktiven Förderung setzt die Musik zum Zweck der motorischen Entwicklung von Menschen mit Behinderungen ein. Ein schwieriger Bewegungsablauf, wie das Aufstehen oder das Laufen, wird in kleinere Aufgaben zerlegt und Schritt für Schritt zusammengeführt. Das Gedächtnis benötigt eben "verdauliche" Teile, lehrt uns die kognitive Psychologie. So wie wir ein Gedicht oder ein Lied auswendig lernen - Wort für Wort, Satz für Satz, Strophe für Strophe - so bauen Menschen mit Behinderungen ihre motorischen Fähigkeiten auf. Beim Lernen der Bewegungen spielt die Musik eine grundlegende Rolle, denn das Lernen wird durch Lieder, Reime, rhythmisierte Sprache oder rhythmisches Aufzählen unterstützt.
Die Konduktorinnen und Konduktoren bestimmen – wie ein echter Orchesterdirigent – zum Beispiel wie schnell eine Bewegungssequenz aufgeführt werden soll. Sie dirigieren immer individuell angepasst an die Besonderheiten der Gruppe oder der einzelnen Teilnehmenden. Je nach Diagnose kann ein schneller oder ein langsamer Rhythmus fördernd sein. Der Muskeltonus der Konduktiv geförderten Menschen lässt sich nach und nach durch den Rhythmus beeinflussen. So verinnerlichen die Kinder und Jugendlichen bei der Konduktiven Förderung mit der Zeit die Musik. Sie entwickeln einen inneren „Rhythmus“, der ihnen dabei hilft, die Bewegungsabläufe später auch ohne äußere Hilfe auszuführen. Das motorische Gedächtnis der Teilnehmenden wird durch viele einzelne Aspekte gestärkt: die Musik, die Sprache, die Bewegung, die Akzeptanz und Anerkennung der Konduktorinnen und Konduktoren, das soziale Erlebnis, den Raum. Alle diese Faktoren bilden ein dichtes Erinnerungsnetz von multisensorischen Erlebnissen und positiven Gefühlen. Je nach Grad der Behinderung können die Teilnehmenden mit der Zeit meist ohne Hilfe von außen funktionelle Bewegungsabläufe ausführen und Teile ihres Alltags selbstständig bewältigen.
Die Musik unterstützt also den Erwerb motorischer Fähigkeiten bei Menschen mit Behinderungen! Die Musik ist ein grundlegender Lernfaktor der Konduktiven Förderung. Sie hilft beim „Strukturieren“ eines Bewegungsablaufs, beim Memorieren, beim Verinnerlichen, beim Verselbstständigen. Die Musik ist wie ein Gerüst.
Die Musik ist aber auch für die Pflegepersonen sowie Konduktorinnen und Konduktoren selbst wohltuend und verschönert ihre psychisch und physisch anstrengende Arbeit.
In vielen unserer Konduktiven Einrichtungen gibt es zusätzlich zur musikalischen Förderung ein wöchentliches musikpädagogisches und -therapeutisches Angebot. Dieses Angebot konzentriert sich auf die Musik selbst sowie die Interaktion und das positive soziale Erlebnis. Und genauso feiern wir bei FortSchritt heute gemeinsam den Tag der Musik!

Literatur:

Fink, A. (1998). Praxis der Kondunktiven Förderung nach A. Pető. München, Ernst Reinhardt Verlag.
Tatlow, A. (2013). Kondunktive Förderung für Kinder und Jugendliche mit Zerebralparese: 8th World Congress on Conductive Education: Rhythm&Balance. München: Landesverband Bayern Kondunktive Förderung nach Pető e.V.